Familienrat (in der Corona-Krise)

Liebe Leserinnen und Leser,

 

wie waren Ihre letzten zwei Wochen? Ich muss sagen: Meine waren sauanstrengend. Ich habe den ein oder anderen Nerv verloren und die ein oder andere Träne vergossen. Und das, obwohl die Menschen um mich herum toll sind und alle versuchen, konstruktiv mit der Situation umzugehen. Vielleicht geht es Ihnen ja auch so?

 

Halten wir uns mal vor Augen: Einige unserer wichtigsten Bedürfnisse sind stark in Bedrängnis geraten und wir können sie nur eingeschränkt erfüllen (z.B. Gesundheit, Sicherheit von Arbeit und Einkommen oder soziale Bedürfnisse nach Kontakt). Oder das Bedürfnis nach Autonomie. Bei vielen von uns ist derzeit doch der Alltag so massiv von Zwängen und Notwendigkeiten geprägt, dass wir gar nicht mehr wissen, was Autonomie eigentlich sein soll.

 

Die Bedingungen der Krise bringen es mit sich, dass es noch schwieriger ist, die Bedürfnisse der Familienmitglieder auszubalancieren, als das während des normalen Familienalltags schon der Fall ist. Auch viele unserer Routinen greifen ja nicht mehr. Das verunsichert zusätzlich. Da kann man schon mal die Übersicht und die Nerven verlieren

 

Um so wichtiger finde ich es, gerade in diesen Zeiten ruhige Momente zu finden, in denen wir mit „Zugang zum Großhirn“ mit unseren Lieben sprechen. In meinem letzten Newsletter hatte ich die Familienkonferenz vorgeschlagen und ich habe viele Rückmeldungen bekommen, dass diese Idee häufig aufgegriffen wurde. Darum möchte ich nun dazu noch ein paar weitere Hinweise geben. Vielleicht unterstützt dies dabei, dass dieses Forum auch weiterhin gut für Ihre Familie funktioniert. Und ich möchte Ihnen anbieten, dass Sie sich bei mir melden (am besten per Mail), wenn Sie Fragen oder Probleme bei der Durchführung haben. Ich versuche, Ihre Mail dann kostenfrei und so zeitnah wie es mir möglich ist, zu beantworten.*

 

Hier finden Sie nun also weitere Tipps für die Durchführung von Familienkonferenzen. Wichtig ist mir zu sagen, dass Sie diese Tipps bitte nur aufgreifen, wenn Sie auch zu Ihnen und Ihrer Familie passen und wenn Sie darauf Lust haben. Das hat oberste Priorität: dass Sie sich mit „Ihrem Familienrat“ wohl fühlen.

 

Der Familienrat zeichnet sich durch seine ritualisierte Kommunikation aus. Der Ablauf ist immer gleich und stärker strukturiert als z.B. ein Gespräch am Esstisch. Es werden Themen gesammelt (ggf. auch bereits im Vorfeld etwa in Form eines Kummerkastens) und es gibt jemanden, der das Gespräch moderiert. Viele Familien erstellen auch ein Protokoll mit den Ergebnissen.

Starten Sie den Familienrat mit positivem Feedback für jedes Familienmitglied. Sie können z.B. für jedes Familienmitglied einen Namenszettel schreiben und dann wird gelost. Jeder sagt etwas Nettes zu der Person, die er/sie gezogen hat. Oder Sie machen reihum eine Lob-Dusche, in der ein Familienmitglied von allen anderen mit positivem Feedback „überschüttet“ wird. Halten Sie Ihr Lob sehr konkret und benennen Sie genau die Situation und was daran Sie gefreut hat. Welche positiven Gefühle waren für Sie damit verbunden?

 

Dann können Sie z.B. sammeln, was jeder in der aktuellen Situation schwierig findet. Erinnern Sie sich daran – insbesondere wenn Sie als Eltern die Moderation übernehmen: dies ist ein Familien-Rat. Da geht es nicht unbedingt darum, dass Sie als „Wissender“ sofort eine Lösung parat haben. Unterstützen Sie zunächst dabei, dass der „Problemeinbringer“ erzählen kann, was ihn/sie belastet. Manchmal wird beim Erzählen erst klar, was das eigentliche Problem ist. Dann können von allen Ratsmitgliedern Ideen für Lösungen gesammelt werden. Es ist dabei klug, die Ideen der Erwachsenen erstmal zu bremsen und zu hören, was von den Kindern kommt. Vielleicht werden Sie überrascht von der Kreativität, aber auch von der Vernunft der Kinder – das wollen Sie sich doch nicht entgehen lassen!

 

Natürlich können Sie auch als Eltern etwas einbringen, was für Sie schwierig ist/war. Achten Sie auch hier auf den Rahmen des Familienrats. Konflikte, die in erster Linie zwischen Ihnen und Personen außerhalb der Familie oder zwischen Ihnen und Ihrem Partner liegen, sollten nur in den Familienrat eingebracht werden, wenn sie auch Auswirkungen auf die Kinder haben oder hatten.

Ein weiteres Thema könnte sein, sich zu überlegen, wie Sie sich als Familie nach der Krise (oder gerne auch zu einem früheren Zeitpunkt – etwa zum Beginn der Osterferien) für Ihre familiäre Kooperation und den gemeinsamen Einsatz belohnen wollen. Bitte verwechseln Sie das nicht mit einem Punkteplan, wie er in der Erziehung häufig eingesetzt wird, um Kinder zu bestimmten Verhaltensveränderungen oder Anstrengungen zu motivieren. Es geht nicht darum, sich etwas zu erarbeiten, sondern darum, die Anstrengungen, die diese schwierige Zeit erforderlich macht, zu würdigen – und zwar für die gesamte Familie. Es sollte völlig unabhängig von der Erreichung irgendwelcher Ziele einfach gefeiert werden, dass Sie als Familie es schon so weit geschafft haben. 

 

Zum Abschluss der Konferenz empfiehlt es sich, wieder einen positiven, ritualisierten Ausklang zu erfinden. In meiner Familie hat sich etabliert, dass wir eine Praline essen – so eine richtig schicke. Das hatte sich spontan mal so ergeben und die Kinder freuen sich immer total darauf. Außerdem hat es den Charme, dass der Familienrat immer mit etwas Schönem zu Ende geht. Vielleicht haben Sie oder Ihre Kinder auch eine Idee für ein Abschluss-Ritual, das zu Ihrer Familie passt.

 

Dies waren also meine Ideen für die Umsetzung von Familienkonferenzen und mein Newsletter kommt nun zum Ende. Allen Klientinnen und Klienten möchte ich noch sagen, dass während der Corona-Krise nun auch eine online-gestützte Video-Beratung bei mir möglich ist. Wenn Sie dies wünschen, sprechen Sie mich bitte an

 

Ich wünsche Ihnen weiterhin starke Nerven und eine robuste Immunabwehr

 

Nicola Raschendorfer

 

*Personen, die zum Zeitpunkt des Newsletter-Versandes schon Abonnenten waren, haben hierbei Vorrang, und es ist möglich, dass ich – wenn es zu viele Anfragen gäbe – nicht alle Anfragen bearbeiten kann.